Lieferketten
Die Landnutzung, die Gewinnung von Rohstoffen und Herstellungsprozesse entlang der Lieferkette sind oft nicht nachhaltig. Ökosysteme werden über ihre Kapazitäten belastet oder sogar zerstört. Das führt zu dem Verlust von Biodiversität. Dadurch werden viele Ökosystemleistungen nicht erbracht, die teilweise nicht nur lebenswichtig für die Gesellschaft sind, sondern auch grundlegend für das Bestehen der Lieferketten selbst.

Herausforderung
Das Naturkapital ist essenziell sowohl für das menschliche Wohlergehen als auch für die wirtschaftlichen Aktivitäten. Viele Unternehmen sind auf funktionierende Ökosysteme und ihre Leistungen angewiesen. Beispielsweise führt die Übernutzung der Böden mittel- bis langfristig zu deren Degradierung und demzufolge zu geringem Ertragspotential. Auch Ökosystemleistungen, die im Ausland bereitgestellt werden, kommen der Bevölkerung in Deutschland zugute (Kleeman et al., 2020). Hier sei zum Beispiel die Kohlenstoffspeichernde Funktion der Meere genannt, die zwar meist nicht in deutschem Staatsgebiet liegen, aber dennoch einen großen Effekt auf das Klima auch in Deutschland haben. Unternehmen tragen eine Mitverantwortung für den Schutz der Natur und ihre nachhaltige Nutzung.
Inwertsetzung
Der Wert der Ökosystemleistungen und der biologischen Vielfalt müssen stärker in das Lieferkettenmanagement der Unternehmen integriert werden. Um diese Leistungen sichtbar zu machen und ihren irreversiblen Verlust zu bremsen, muss dieser Wert auch in politischen Entscheidungen wie zum Beispiel einem Lieferkettengesetz integriert werden und dabei einen Rahmen für naturverträgliche Landnutzung schaffen.
Informieren Sie sich über entsprechende Fallbeispiele
Kautschuk: Entwaldung für Gummi
Deutschland ist mit einem Anteil von fast 20% der circa 1,3 Millionen Tonnen europäischen Rohkautschukimporten mit Abstand der größte Verbraucher von Naturkautschuk. Wichtigster Abnehmer ist dabei die Automobilindustrie; etwa 70% des Naturkautschuks wird in Autoreifen verarbeitet. Mit dem dafür gerodeten Wald gehen auch dessen Ökosystemleistungen verloren: wird der Wert der jährlichen Ökosystemleistungen von einem Hektar Regenwald auf über 2.700 Euro bemessen, werden die Ökosystemleistungen von einem Hektar Naturkautschuk in Monokultur dagegen auf nur etwa 430 Euro jährlich geschätzt (Hu 2008).
Die Opfer des Kakaokonsums in Deutschland
In 2010 wurden in Deutschland ca. 384.500 Tonnen Kakao konsumiert; somit war Deutschland der zweitgrößte Kakaokonsument weltweit. Allein in diesem Jahr führte der Konsum von Kakao in Deutschland zu einem alarmierenden Verlust an Biodiversität in den Ländern, in denen dieser produziert wurde. Laut einer Studie führte diese Produktion zu einer Nutzung von 931.318 Hektar Land und beispielsweise durch Lebensraumverluste zum Aussterben von fast 9 Arten in Afrika, Latein-Amerika und Südostasien (Kleemann et al, 2020).
Neue Formen der Wirtschaftsberichterstattung – ein Hebel für höhere Wertschätzung von Biodiversität und Ökosystemleistungen
Eine erweiterte Aufnahme von Biodiversität und Leistungen der Natur in wirtschaftliche und Wohlfahrtsberichterstattungen stellt einen grundlegenden Beitrag zu einer sozial-ökologischen Transformation dar. Über lange Jahre spielten hier weder Umweltschäden noch die positiven Beiträge der Natur zur unternehmerischen Entwicklung und dem gesellschaftlichen Wohlergehen eine systematische Rolle. Jenseits von vielen Forschungsprojekten zu einzelnen „Real-Laboren“, bei denen es um regionale oder lokale Verbesserungsstrategien zur Biodiversität geht und bei denen das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einem jeweils experimentellen Umfeld im Vordergrund steht, wird etwa im Forschungsprojekt „Wertschätzung von Biodiversität – zur Modernisierung der Wirtschaftsberichterstattung in Deutschland (Bio-Mo-D https://bio-mo-d.ioer.info/), das im Rahmen der Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt (FEdA) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und Bildung (BMBF) gefördert wird, auf einer strukturellen Ebene gesellschaftlicher Informationsgrundlagen gearbeitet, um bei einer Vielfalt an Akteuren die Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Die Deutsche Umwelthilfe bedankt sich bei Karsten Grunewald, Leibniz Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), und Roland Zieschank, Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), sehr für die Zusammenstellung des Fallbeispiels.